Einstieg
Vielleicht kennen Sie das. Es gibt Bibelstellen auf die wir extrem sensibel reagieren, weil wir
wissen dass bei uns etwas damit im Argen liegt:
Als Teenager lassen sich die Wünsche und Träume manchmal schwer mit den Vorstellungen der Bibel zur Sexualität zusammenbringen.
Als Häuslebauer hofft man auf das weite Nadelöhr und meidet vielleicht die Stellen wo es um Gott und Mammon geht. Klatsch und Tratsch, ein hartes Herz, Unversöhnlichkeit
, wir wissen alle wo unsere wunden Punkte sind.
Und jetzt stellen Sie sich vor, sie müssten hier oben stehen und genau über so eine Stelle predigen. Je mehr sie vorbereiten,
desto mehr reift die Überzeugung, dass man selbst dazu eigentlich schweigen sollte. So stehe ich hier und rede heute wie der Blinde über die Farbe.
Es geht heute um Ruhe, um Stille. Damit hatte ich schon immer meine Probleme. Als ich einmal eine ganze
Woche in einem Kloster im Schweigen war, hat mir ein Studienfreund gesagt:“Eine Woche geschwiegen? Weißt Du Ralf, andere teilen es sich halt besser ein!“
Und so bin ich mit mir übereingekommen. Heute lege ich Ihnen den Bibeltext aus. Ich zeige in die Richtung in
die wir marschieren sollen. Und dann schließe ich mich der Gemeinde an, laufe hinterher und lerne von Ihnen. Verzeihen Sie es mir...
Predigttext Mk 6,30-32
30 Und die Apostel kamen bei Jesus zusammen und verkündeten ihm alles, was sie getan und gelehrt hatten.
31 Und er sprach zu ihnen: Geht ihr allein an eine einsame Stätte und ruht ein wenig. Denn es waren viele, die kamen und gingen, und sie hatten nicht Zeit genug zum Essen.
32 Und sie fuhren in einem Boot an eine einsame Stätte für sich allein.
Lärm
Was muss das für ein beschauliches Leben damals gewesen sein, zu Zeit Jesu:
Keine Autos auf den Straßen, keine Staus, keine Werbung an den Wänden, keine Fernseher die einen Zutexten, keine Radios die den ganzen Tag dudeln und keine Handy aus denen Musik quäkt. Es gab
keine Ipods, kein Fluglärm, kein Schwerlastverkehr, kein MP3 kein MP4 … Das müssen ruhige Zeiten gewesen sein.... Offensichtlich nicht ruhig genug, denn Jesus verordnet seinen Jüngern: Ruhe.
Aber geht es darum wirklich in dieser Erzählung? Geht es um Lärm .. und um das Gegenteil davon Ruhe?
Wenn das so wäre, dann hätte Echterdingen einen geografischen geistlichen Standortnachteil vor all den anderen Gemeinden in Deutschland.
Ich glaube nicht, dass es darum geht. Es geht nicht um den Schalldruckpegel.
Das Praktikum
Jesus hatte seine Jünger zum ersten Mal ausgesandt. Sie hatten zuvor viel bei ihm gelernt,
jetzt kam eine praktische Einheit. Zu zweit waren sie unterwegs, ohne Brot ohne Taschen, ohne Geld. Und die Jünger haben zum ersten Mal gepredigt, und sie haben Kranke geheilt und sogar unreine Geister ausgetrieben.
Was muss das für ein Gefühl gewesen sein, dass man selbst solche großen Dinge tut.
Begeisterung, Stolz, … sie kommen zurück zu Jesus und erzählen begeistert. Gott hat durch sie gewirkt, sie waren den ganzen Tag umgeben von Menschen, sie wurden gebraucht....
Der Tipp des Meisters
- Und was sagt Jesus?
- Da sind so viele Menschen die Eure Hilfe brauchen,... wir verlängern das Praktikum zwei Wochen?
- Wir brauchen mehr Mitarbeiter, jeder lernt jetzt zwei andere Praktikanten an... wir brauchen
Multiplikatoren.
- Das habt ihr gut gemacht. Wir machen eine Feedbackrunde, und dann kümmert Euch wieder um die Menschen.
- Esst einen Bissen und dann mit Volldampf weitermachen. Wenn jetzt die Menschen kommen müssen wir das nützen.
Was ist jetzt wohl das wichtigste für das Reich Gottes? Was würden wir denn sagen? Jesus überrascht uns mit einer knappen Anweisung
- Geht ihr allein an eine einsame Stätte und ruht ein wenig
Drei Aspekte der Ruhe
Es muss wirklich wichtig sein, wenn Jesus die Menschenmassen, die mit offenen Ohren und Herzen zu ihm strömen einfach stehen lässt.
Dieses „Ruhet ein wenig“ klingt so unspektakulär und doch ist es Jesus extrem wichtig.... ist es für die Jünger wichtig. Dieses Ruhen, das den Jüngern verordnet wird birgt für mich 3 Aspekte:
- Füße hoch,
- Mund halten,
- Ohren auf
1.Füße hoch – Ausruhen
Der erste Schritt der Ruhe ist auf den ersten Blick ein ganz ungeistlicher. Kein Mensch kann
rund um die Uhr arbeiten. Die Jünger kamen nicht einmal mehr dazu einen Bissen zu sich zu nehmen. Sie waren seit Tagen auf den Füßen, umringt von Menschen.
Ob wir´s wollen oder nicht, wir haben einen Körper und der macht leider nicht alles mit. Dieser Körper soll 70-80 Jahre oder mehr durchhalten. Erschöpfungsymptome, BurningOut
sind längst keine Managerkrankheiten mehr. Gott hat daran keine Freude, dafür liebt er uns zu sehr. Ich erinnere mich an eine sehr intensive erlebnisreiche Jugendfreizeit auf Korsika
. Am Ende waren wir erfüllt von den Eindrücken, begeistert wo Gott gewirkt hat, hatten viele neue Freunde gewonnen und die Erkenntnis,
dass drei Wochen Non-Stop-Freizeit mit 50 teilweise schwererziehbaren Jugendlichen über unsere Kräfte geht, spätestens als Jens, der Fahrer des Materialbusses bei der Heimfahrt am Steuer eingeschlafen ist.
Ich bin ein Typ, der das sehr spät erkennt . Erkennen Sie das?
Jesus sagt seinen Jünger: „Geht ihr allein an eine einsame Stätte und ruht ein wenig“ Das scheint trivial zu sein und doch ist es ein geistliches Prinzip, das uns Gott von den ersten Seiten der Bibel
vorlebt und vorgibt: Gott ruht am siebten Tag. Und er gibt uns in den 10 zentralen Geboten, in Stein gemeißelt den Auftrag durch die Jahrtausende: Tut es genauso. Haltet den Sabbat.
Gott begegnet dem BurningOut-Elia in der Wüste. Elia ist am Ende, will sterben und Gott? Kein Motivations-Vortrag, keine Predigt. Eine Mütze Schlaf, eine ordentliches Vesper und Ruhe.
Ein seltsames Wort an uns an diesem Sonntag: Ruhet ein wenig: Leg mal ein wenig die Füße hoch.
Es ist ein Wort Gottes an seine geliebten Kinder. (nicht an Knechte)
2.Mund halten - Still werden
Was werden die Jünger erzählt haben? Ich habe gepredigt und das wurden immer mehr Leute, obwohl ich doch nur Fischer bin. Ich
habe dieser kranken Frau die Hände aufgelegt, und ihr glaubt es nicht … Bei mir war es ein Junge mit Fallsucht, auf einmal habe ich gewusst was ich tun soll...
Bei all der Begeisterung rückt doch der Jünger ziemlich in den Mittelpunkt: Ich habe dies, ich habe das. Dann sind da noch dieses Ansichten und diese Probleme,.... ich, ich , ich.
Viel öfter als wir es zugeben dreht sich alles um uns selbst. Das gilt in der Firma ebenso wie im Jugendwerk, CVJM, Kirchengemeinde oder sonst wo.
Bei aller Begeisterung über die eigene Leistung und die tollen Erfahrungen verordnet Jesus den Jüngern „einen öden Ort und ein wenig Ruhe“
Vielleicht ist das auch so erholsam am Schweigen, dass man sich selbst nicht die ganze Zeit reden hört.
3.Ohren auf - Auftanken
Die Jünger haben soviel gegeben, haben Gott gedient bis an den Rand der körperlichen
Erschöpfung. Dafür sollen sie jetzt die Füße hochlegen und bekommen etwas zu essen um sich zu stärken. Aber auch geistlich waren sie für Menschen da, haben gepredigt, Wunder getan, …
Es gibt auch geistliche Erschöpfung. Jetzt ist es Zeit sich von Gott wieder auftanken zu lassen.
Mir ging es ein paar Mal so, zu Zeiten als ich intensiv Jugendarbeit gemacht habe, soll heißen jeden Tag eine
Gruppe, Kreise im Gemeindezentrum. Da gab es Punkte an denen war ich leer, und da hab ich gedacht: “Gut dass Du nicht Jugendreferent bist sondern Ingenieur. Ich kann ich tagsüber an meinen Schreibtisch
verkrümle Software schreiben, kann im Labor Messungen machen, Messdaten auswerten und bin nicht gezwungen heute morgen irgendwo eine Andacht zu halten, jetzt wo ich nichts zu sagen habe...“
Ich weiß gar nicht wie Hauptamtliche das eigentlich schaffen.
Jesus sieht das Problem bei den Jüngern und sagt: “Geht ihr allein an eine einsame Stätte und ruht ein wenig!“
Geht in die Stille, alleine, werdet still und macht die Ohren auf. Dann kann Gott in Eure Herzen reden, dann werdet Ihr neu Kraft schöpfen. Ohne dieses Kraft schöpfen wird der Dienst zum Krampf, weil man aus eigener
Kraft es nicht schaffen wird. Jesus hat uns das vorgelebt. Er selbst hat sich immer wieder zurückgezogen. Jesus der so eine enge
Beziehung zum Vater hatte, dass er sagen konnte: „Der Vater und ich sind eins“ hat es gebraucht sich zurückzuziehen in die Stille.
Und die Jünger kamen aufgeregt: „Wo bist du denn, alle suchen dich! Es gibt soviel zu tun, so viele Menschen
warten!“ Ohne diese Füllen lassen würde auch Jesus auf dem Zahnfleisch daherkommen. Er hat uns vorgelebt wie wichtig der Draht zum Vater ist...
Ruhe für alle
Wenn nun Jesus Ruhe nötig hatte, und wenn Gott selbst am 7.Tag geruht hat, warum
glauben wir dann darauf verzichten zu können? Wieviel mehr gilt das für uns? Und trotzdem schalte ich nicht ab wenn ich erschöpft bin, sondern den Fernseher an.
Und wenn es in mit laut ist und mir viele Gedanken durch den Kopf jagen, dann drehe ich die Musik lauter … So ein Blödsinn.
Boxenstopp
Bei der Formel1 fahren die Piloten in einem Höllentempo 300km lang im Kreis. Es kommt auf
Hundertselsekunden an. Dafür werden jede Menge Kniffe aufgewandt. Spezielle Reifen-Gummimischungen, Fahrstrategien, Hochleistungstriebwerke, Ingenieure und Fahrer reizen alles aus…
Und dann passiert es bei dem Rennen 3-4mal, dass die Fahrer während die Konkurrenten am Horizont
verschwinden abbremsen und in die Boxengasse fahren und dort stehen bleiben. Unglaublich! Das Geheimnis ist: Ohne diese Pause, ohne dieses Auftanken würden Sie irgendwann einfach auf der Strecke
bleiben. Der Tank leer, der Reifen abgefahren, und das Ziel würden sie nie erreichen.
Die Zeit in der Box ist notwendig. Da haben uns die Formel1-Freunde wirklich etwas voraus.
Jesus verordnet seinen Jüngern einen Boxenstop: Runter von der Rennstrecke des Lebens und des
Dienstes, Füße hoch, Mund halten, Ohren auf, auftanken...
Es muss ja nicht lange sein; Ruht ein wenig, dann könnt ihr wieder auf die Rennstrecke des Lebens. Wir sind
nicht aufgerufen uns auf einen Berg zu setzen und für den Rest des Lebens in Askese und Meditation zu versenken. Aber den Boxenstopp haben wir dringend nötig: Füße hoch, Mund halten, Ohren auf.
Ich frage mich bei diesem Text:
- Wie still ist meine Stille Zeit,
- Wieviel Sabbat ist mein Sonntag?
- Wie lange halte ich Stille aus?
Wenn´s mal nicht klappt
Ein besonderer Trost ist für mich, dass es auch zu Zeiten Jesu nicht einfach war im Trubel
des Alltags eine Oase der Ruhe und Stille, eine Boxengasse Gottes zu finden. Die Jünger fliehen schließlich im Boot über den See um am anderen Ufer mit Jesus allein zu sein. Aber dort
warten schon die Menschen und Jesus tut schließlich ein großes Wunder und speist Tausende von Menschen. Ruhe und Stille haben die Jünger an diesem Tag sicher nicht mehr gefunden ….
Ralpf Wagner 2010 
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